In Tata haben wir glaube ich in irgendeinem Camp übernachtet. Richtig. Der Betreiberin habe ich noch meine kupferfarbene Moscow-Mule-Tasse geschenkt, aus der ich u.a. immer meinen Kaffee getrunken habe und die sie so toll fand. Einschub: Der Moscow Mule besteht aus Wodka, Limettensaft und Ginger Beer, und wird gern im Kupferbecher serviert. Kann man mal machen. Von dort aus hatten wir wieder eine komplett abweichende Streckenplanung von den Roadbook-Empfehlungen. Diese sahen wieder zwei Wüsten-/Offroad-Etappen vor, die wir erneut ausgelassen haben. Grund war u.a. auch, die folgende Stage nach Merzouga mit wiederum 2 Tagen zu entzerren. Das, was wir anschauen wollten in einer Art und Weise, die gut für uns war und ohne in Stress auszuarten, bedurfte einfach zusätzlicher Zeit, die wir uns auch genommen haben.
Also fuhren wir erneut zweimal zusätzlich über begnadete Gebirgspässe über den Hohen Atlas, auf dem Hinweg wiederum über eine absolute Scenic Road (wie oft habe ich diesen Ausdruck eigentlich schon benutzt?), bitte darauf achten, dass ihr die R111 / Rn10 / P1743 nehmt, Richtung Quarzazate nach Aït-Ben-Haddou. Dies ist eine befestigte Stadt (Ksar) am Fuße des Hohen Atlas. Der komplette alte Ortskern ist seit dem Jahr 1987 von der UNESCO als Weltkulturerbe anerkannt und das absolut zu Recht. Aït-Ben-Haddou gilt als eine der top Sehenswürdigkeiten in Marokko, daher fahren aus den Touristenhochburgen Marrakesch und Agadir zahlreiche Reisebusse dorthin. Gegen Nachmittag, je später, desto besser, reduziert sich die Anzahl der Besucher deutlich und das ist damit die empfehlenswerteste Besuchszeit, zumal da auch noch die besten Fotobedingungen herrschen, wenn es nicht gerade diesig ist. Toll ist es, dort auch das Panorama-Cafe zu besuchen und in gechillter Atmosphäre das eine oder andere Getränk zu sich zu nehmen. Da verliert man doch ganz schnell Zeit und Raum. Es lohnt sich definitiv!
Auf der Weiterfahrt (mit Übernachtungspause? Ich weiß es nicht mehr, vielleicht sind wir auch durchgefahren bis Zagora) geht es dann wieder zurück über den Hohen Atlas in das Draa-Tal nach Zagora. Irgendwann gehen einem die Worte aus, die Beschreibungs-Optionen. Kurz: Bitte fahrt die Strecke! Unterwegs geht es an einem Film-Set vorbei, einer alten Tankstelle am Rande der Straße, das Film-Set zu der Neuverfilmung der Horror-/SciFi-Kultfilm-Reihe „The Hills Have Eyes“. Gegen einen geringen Obulus konnte man dort herumlaufen und zig geile Fotos schießen, zumal diese Art von Locations mich 1000 Mal mehr interessiert als irgendwelche Filmstudios wie die Cinema Studios Atlas oder die Oasis Studios Morocco bei Quarzazate. Da ist wohl die durchaus nennenswerte Filmindustrie von Marokko beheimatet. In den Studios können nahezu alle antiken Städte wie Jerusalem, Damaskus oder andere „nachgestellt“ werden. Ein römischer Tempel mit 3.000 m² wurde zum Beispiel für einen Film in das antike Bagdad verwandelt. Wir haben uns das gleichwohl geschenkt. Vielleicht haben wir ja etwas verpasst.
Zagora gilt als das Zentrum aller Wüsten-Rallye-Veranstaltungen. Zahlreiche Werkstätten sind dort beheimatet. sie behaupten, sie könnten jedes Fahrzeug dieser Welt dort reparieren, auch waschechte Rallye-Autos der echten Rallye Paris-Dakar. Und das ist nichtmal gelogen, denn diese führte seinerzeit immer durch Zagora. Viele Werkstätten haben eine Art Hall of Fame, in denen Rallye-Legenden wie Jutta Kleinschmidt oder Stéphane Peterhansel und andere zusammen mit ihren Autos in der Werkstatt und dem Inhaber abgebildet sind. Heute handelt es sich überwiegend um Amateur-Rallyes von Leuten wie uns, die den „Hauch der Dakar“ spüren wollen und die nicht mit über 200 km/h über die Dünenkuppen und Pisten brettern. Trotzdem fahren da auch Karren herum, die 20 Mal soviel kosten wir unsere Benze. Ok, wie schon bei den Reitturnieren meiner Tochter Sophia gilt: „Auf Geld kann man nicht reiten!“ Das kann man 1:1 auf Autos und deren Fahrer übertragen.
Im Roadbook hieß es zu Zagora: „Sobald ihr in die Nähe von Zagora kommt, werdet ihr angehalten, belagert und entführt. Und zwar zur besten Werkstätte der Stadt. Was aussieht wie Polizei, ist ein Schlepper. Was aussieht wie ein Kamelhirte auch. Und die Mopeds sowieso. Werdet ihr angehalten, sagt ihnen, dass ihr schon einen Termin habt – die Jungs werden trotzdem alles machen, um euch zu ihrer Werkstatt zu bringen.“ Dann kam noch eine Story dazu, die sich ziemlich schnell verbreitete: Im letzten Jahr soll es einen provozierten Unfall mit 2 Mopeds gegeben haben, damit das betroffene Auto dann zu der bestimmten Werkstatt geführt wurde. Gerüchte. Wir haben uns doch ein wenig anstecken lassen und haben verabredet, in sehr kurzem Abstand der beiden Benze in die Stadt einzufahren und die Stadt recht „robust“ bis zum Camp zu durchqueren. Haben wir getan. Wie erwartet schwirrten die Mopeds, eher Mofas, wie die Fliegen um uns herum. Die Fahrer waren mit Rennoveralls mit zahlreichen Stickern versehen, vermutlich um ihre Kompetenz zu zeigen. Aha. Das macht man jetzt mit Rennoveralls. Habe ich auch. Ja, sie wollten uns auch liebevoll abdrängen. Aber sie kamen nicht zwischen unsere Benze und ich habe sie auch liebevoll mal an einer Bordsteinkante und mal an der Innenseite eines Kreisverkehrs auflaufen lassen, sodass sie abbremsen mussten. Wir haben gleichzeitig gelächelt und gewunken, dann haben sie von uns abgelassen. Sie haben kapiert, dass sie mit uns nichts gewinnen können. Alles easy. Sie haben auch zurück gelächelt. Nur ein bisschen spielen.