On Tour

Europa Africa Rodeo 2023 – Der goldene Benz

Jetzt ging es an den zweiten Benz für die Tour, der sog. Plan B. Auf dem Papier ganz anders. Farbe „silberdistel“, wenn ich mich nicht irre. War aber für mich gold. Und einen Pornogrill hatte der, unglaublich! Den Grilleinsatz bekam man damals im Zubehör, fetter Stern in der Mitte, sollte wohl einen auf SL oder SEC machen. Ich denke, die meisten Benze wurden erst Ende der 80er und Anfang der 90er so verschandelt. Heute bezahlst Du für so einen Grill jenseits der 150 Euro. Für mich wäre das nichts. Neben dem etwas speziellen Grill hatte er noch so ein Kultteil montiert, in der Heckscheibe eine verstellbare Jalousie. Genau so ein Ding, wie Du es heute noch von IKEA bekommst. Brrrr. Brauche ich auch nicht. Aber mal im Ernst: Wie willst Du denn sonst die Sonne aus der Karre raushalten? In Marokko wird es tagsüber an die 40 Grad, wenn wir dahinfahren. Scheibentönung per Folie geht ja mal gar nicht. Mal sehen, ob ich das nicht doch noch mache.

Man kann Mist machen, aber wenn man nicht daraus lernt, macht man doppelten Mist. Nein, ich habe mir keinen neuen oder alten Autotransporter gekauft, sondern einen von meinem Kumpel aus der befreundeten Autowerkstatt geliehen. Ein richtiger Hochgeschwindigkeitshänger. Wir hatten schließlich einiges an Kilometern vor uns. Diesmal ging es ins Saarland. Es waren an die 450 km eine Strecke. Das ist lang. Andere Autos mehr in der Nähe haben uns nicht angesprochen. Es sollte der sein.

Der Benz machte auf den Bildern und bei der Beschreibung einen guten Eindruck. Der Verkäufer sprach am Telefon Saarländisch. Das ist irgendwie auch eine Art von Deutsch, habe ich mir sagen lassen. Ich habe praktisch kein Wort verstanden. Ob das Absicht war, weiß ich nicht. Der konnte irgendwie nicht anders. Also die Schwaben, die verstehe ich einigermaßen. Auch wenn ich immer Witze über die mache, über die Sprache und den schon sprichwörtlichen Geiz. Vor allem der „Schwabenpfeil“ hat es mir angetan. Das normale Bayrisch verstehe ich ja auch noch einigermaßen. Aber Niederbayrisch geht gar nicht. Oder Sächsisch. Die geben sich ja teilweise nicht einmal Mühe, dass man sie versteht. Nach dem dritten Nachfragen kann ich dann auch mal sauer werden. Manche können es einfach nicht besser und verunglimpfen das Hochdeutsche. Ja, ich bin nun einmal in einer Region aufgewachsen, in der Hochdeutsch gesprochen wurde.

Also ich wollte Informationen über den Benz und musste bei jedem Satz am Telefon nachfragen. Der hatte ein H-Kennzeichen bzw. er war mal als Oldtimer zugelassen. Das verliert man ja nicht mehr, wenn man sich nicht voll dusselig anstellt. TÜV abgelaufen, muss neu. Stand auch ne Weile beim Vorbesitzer draußen und das Schiebedach sei auch undicht gewesen. Oh, oh. Das hört sich ganz gefährlich nach Aquarium an, nach Schimmel, nach Muff, nach ganz viel Rost. Teppiche, Sitze, ein Horrorszenario tat sich vor meinen Augen auf. Müssen wir uns das antun? Dafür die echt weite Anreise? Lieber noch weitersuchen? Nein. Im Gegensatz zu mir verstand der Verkäufer mein Deutsch. Ich bat ihn um weitere Bilder und exaktere Beschreibung des Wasserschadens und der Folgeschäden.

Und die Bilder kamen und die Beschreibungen ließen erkennen, dass es anscheinend nicht so schlimm war wie angenommen. Klar waren auch hier die Schweller vergammelt, teilweise die Radläufe, aber die Wagenheberaufnahmen waren ok, die Hinterachsaufhängungen sahen sogar gut aus auf den Bildern. Keinen zweiten Außenspiegel, aber wieder die 14 Zoll Stahlfelgen mit den Kultradkappen in Wagenfarbe. Für die Rallye nicht zu gebrauchen, aber im Alltag dann schon. Chrom sah relativ gut aus, Innenausstattung na ja. Das muss man sich vor Ort anschauen. Damit ich nicht den ganzen Logistikkram mit der Organisation der Tour etc. umsonst mache, hatte ich mit dem Verkäufer ne Anzahlung vereinbart, um die Karre zu reservieren. 500 Öcken flossen ins Saarland und schon hatte ich das Bruttoinlandsprodukt je Erwerbstätigen im Saarland um gefühlt 1,23 Euro angehoben. Ok, das ging noch. Mehr hätte ich jetzt auch nicht in die Umlaufbahn geschossen.

Also Treffen hier um … ziemlich sehr früh. Also quasi vor dem Aufstehen. Resi hatte ja auch noch ne 1 ½-stündige Anreise aus Richtung Osten und war ziemlich müde. Karre war schon am Vorabend startklar gemacht. Hänger war angekuppelt und dreimal kontrolliert, die neuen Gurte waren dabei, ein Reserverad … eben zur Reserve … auch an Bord. Wenn man Platz hat …

Hänger lief gut hinterher. Zugfahrzeug wie immer der Audi A8 4,2 TDi mit 385 PS, quattro what else?, es gibt kaum was Besseres. Vielleicht noch den Q7 mit dem gleichen Motor. Den hatte ich auch mal. Oh Mann. Was ist man da gleich für ne Umweltsau. SUVs gehen ja gar nicht mehr. In Göttingen wird man da angespuckt. Ist einer meiner Töchter so gegangen. Die hatte in der Innenstadt ne Wohnung. Ist ja so eine Fahrradstadt. Da ist man mit einem VW Touareg, den sie als Studentenauto fuhr, jetzt nicht so hipp. Aber mit einem Lastenfahrrad kann man kein Pferd ziehen, vor allen Dingen keinen Hannoveraner mit 1,82 m Stockmaß. Und insbesondere kann man da nicht auch noch nen Elektro-Quad zum Abfahren der Kilometer langen Reit-Parcours zusätzlich als Gewicht auf dem Hänger mitnehmen.

Es soll ja Menschen geben, die machen Sport. Und außer Parkbank-Yoga und Hallen-Halma sollen ja auch noch andere Sportarten eine Existenzberechtigung haben. Ich rede vom Turnierreitsport und von der Königsdisziplin, dem Vielseitigkeitsreiten, bestehend aus Dressur, Springen und Gelände. Als meine Tochter damit begonnen hat, war sie lange noch keine 18. Natürlich haben wir die Turniere anfangs mit einem T4 als Zugfahrzeug gemacht. Was denn sonst? Ich habe den dann von der Anhängelast auf 2,5 Tonnen aufgelastet. Damit ging es. Zwischendurch mal den Q7. Sehr gut war auch der T5 4Motion mit langem Radstand und Polyroof-Hochdach.

Als sie dann älter wurde und die Turniere immer weiter weg waren, teilweise auch im Ausland, habe ich ihr dann einen billigen Touareg geholt. 3 Liter TDi, einen der besten jemals von VW bzw. Audi gebauten Dieselmotoren, Automatik und Anhängerkupplung. 180.000 km und Kaufpreis ca. 6,6 T€, wenn ich mich richtig erinnere. Nur Haftpflicht und keine Kasko, dazu einen meiner sehr guten Schadenfreiheitsrabatte. Billiger kann man kaum fahren. Und sicherer auch nicht. 3,5 Tonnen Anhängelast und alles war im grünen Bereich. Ja, bis Göttingen. Da kam ihr dann ein Radfahrer entgegen in der Zone für Anlieger, zeigte ihr beidhändig den Mittelfinger, fuhr also freihändig, spuckte ihr auf die Windschutzscheibe, als sie bis zum Stillstand abbremste und brüllte ihr Beleidigungen an den Kopf. Sie konnte ja nicht aussteigen und ihm eine verpassen und ein Kennzeichen haben die auch nicht. Sowas merkt man sich. Sie wohnte dort in der Straße. Ganz einfach. Ich war ja auch mal links … als Student und ich hatte 2 Autos. Aber das ist eine andere Geschichte. Wir haben jedenfalls keine Mädels angebrüllt, sondern die Jungs vom RCDS aufgemischt. Andere Zeiten.

Wo war ich? Beim Zugfahrzeug. Während ich hier so erzähle, waren wir inzwischen schon kurz vor Frankfurt. Sind richtig gut durchgekommen. Kurzer Stopp zum Kaffee trinken und Brötchen essen. Rauchen ist ja nicht mehr seit 3 ½ Jahren.

Weiter ging es Richtung Saarland, mitten in die Pampa. Zum Schluss die A6, im Grunde mag ich die Strecke. Angekommen fanden wir uns auf einem Gelände mit mehreren Bastelgaragen bzw. Privatwerkstätten wieder. Ein paar schöne T3, die waren aber nicht zu verkaufen, und eben unser goldener Benz. Gleich erstmal drumherum geschlichen. Den Lackstärkenmesser habe ich verschämt in der Tasche gelassen. Das kam mir dann doch zu affig vor. Mein Freund Resi kroch unter das Auto und prüfte den Benz auf Herz und Nieren. Er stach mit dem Schraubenzieher überall rein, wo man nicht reinstechen sollte. Einige Male traf er auf Widerstand, einige Male nicht. Ich hörte nur immer wieder: „Durch, durch, durch, geht noch, das sieht noch gut aus!“

Als er dann den Verkäufer nach dem Autoschlüssel fragte, live konnte man ihn dann doch besser verstehen, wusste ich, er hatte keine Totschlagsargumente gefunden. Der Verkäufer mahnte zur Langsamkeit, die Bremsen seien durch das lange Stehen voll hinüber. Bremswirkung gleich null. Aber wer bremst, ist eh im falschen Film oder so ähnlich. Und jetzt sah ich das Lächeln im Gesicht von meinem Freund Resi. Also soweit ich das sehen konnte. Er hatte sich passend zum Pornogrill des güldenen Benz eine ebenso gülden verspiegelte pornomäßige Pilotenbrille aufgesetzt. Mir ist schleierhaft, wie er solch eine Brille hat auftreiben können. Ok, eigentlich wundert mich bei Resi nichts mehr. Er arbeitet beim Theater. Und was er nicht im eigenen reichhaltigen Bestand an coolen Ausstattungsteilen hat, das kann er sich besorgen. Es war wohl seine eigene, sie hatte seine Stärken drin.

Probefahrt war klasse. Also der Benz lenkte gut, sprang auf Anhieb an, ein wenig die Leerlaufdrehzahl erhöhen und Resi wollte ihn nie wieder ausmachen. Kupplung kommen lassen und er fuhr wie er sollte. Bremsen mit dreimal Pumpen ging auch. Anschließend nochmal die Motorhaube auf und das Gasgestänge angeschaut. Ja, das war die Ursache für die zögerliche Gasannahme und das zögerliche Abtouren. Da fehlten ein paar Plastikteile.

Preislich hatten wir uns schon im Vorfeld angenähert, denn ich brauchte deutliche Motivation, um die weite Strecke zu fahren. Letztlich waren wir nur noch wenige hundert Euro auseinander. Die Differenz haben wir dann auch ganz schnell überbrückt, aber dann … „sorry, ich habe leider den KFZ-Brief zu dem Auto nicht gefunden.“ Also das brauchte ich ja nun wirklich nicht. Jedenfalls versprach er mir, den Brief noch bei dem Vorbesitzer zu besorgen, wenn der ihn denn hätte oder ihn bei der Zulassungsstelle aufbieten zu lassen. Darauf hatte ich nämlich auch keinen Bock. Dann hätte ich etwas an Eides statt versichern müssen, was eben nicht stimmte. Denn nicht mir war der Brief abhanden gekommen, sondern dem Verkäufer. Wenigstens hatte er noch die Zulassung. Das vereinfachte die Sache deutlich. Außerdem arbeitete er bei einer Behörde in dem Kreis und konnte da auf dem kleinen Dienstweg einiges beschleunigen.

Daher hat er auch nicht gezuckt, als ich 500 Euro vom Kaufpreis einbehalten wollte, die er bekommen sollte, wenn er mir den Brief nebst Kopie des Oldtimer-Gutachtens zugesendet hatte. Und den Benz dann aus eigener Kraft auf den Hänger gefahren!

Auf der Rückfahrt haben wir den Benz dann etwas schneller bewegt. Wie tunt man einen 200er Diesel? Man schnallt ihn auf einen Anhänger und lässt diesen von einem A8 ziehen. Ist inzwischen zu einem Running Gag bei uns geworden. Rasthof Pfefferhöhe dann mein üblicher Stopp bei McDonalds. Die werden zwar auch nicht besser oder ich habe mich einfach daran überfressen. Auf jeden Fall sind die BigMac nur noch halb so groß wie früher. Aber der Stopp ist einfach Kult. Also draußen hingesetzt und den Benz beobachtet und die Reaktionen der Passanten. „Oh Papa, guck mal!“ Irgendwann bekam ich auch die Papiere. Es kann ja auch mal einfach etwas klappen.

Und was war mit den beiden Benzen? Wurden diese rechtzeitig fertig zu unserer geplanten Tour im April/Mai 2023? Wie ging es weiter? Das und noch viel mehr lest Ihr in einem der folgenden Beiträge.

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