Der letzte Beitrag endete mit der Schilderung eines Sandsturmes im Dachzelt. Kann man ja mal machen. Muss ich jedoch wirklich nicht jeden Tag haben. Lange Rede, kurzer Sinn: Der Sand ist in jede Ritze gedrungen, auch bei denen, die sich für teures Geld noch schnell ein Hotelzimmer genommen haben. Die haben sich dann beschwert, dass sich die Preise – schwupps – innerhalb von 2 Stunden quasi verdreifacht hatten. Auf einmal kostete eine Übernachtung über 80 Euro. Würde ich auch so machen. Ist so ähnlich wie bei den Messehotels, da schießen die Preise dann auch in die Höhe. Warum sollen das die Betreiber in der Westsahara nicht auch so machen dürfen?
Apropos: Irgendwie werden die „Touristen“ im Ausland immer so mega geizig, egal bei was. Was sie zuhause anstandslos bezahlen, verliert im „Urlaub“ dann sofort seinen Wert? Das ist eine Form von Missgunst und Restkolonialismus, den oder die ich absolut nicht leiden kann. Das weiß ich doch vorher und kann es entscheiden. Entweder ich kaufe das T-Shirt für 15 Euro, auch wenn es im EK nur ein Drittel kostet, oder eben nicht. Da wird bis aufs Blut verhandelt. Warum? Aus Sport? Solche Spiele spiele ich nicht und habe auch keine Lust dazu, diese zu gewinnen. Ich biete das, was es mir wert ist und was ich auch bezahlen will. Wenn der oder die (Verkäufer*in) darauf nicht einsteigt, dann eben nicht. Die merken sehr schnell, dass ich es ernst meine. Im Grunde machen das die Einheimischen auch nicht wirklich anders. Da wird praktisch kaum verhandelt, weil die Verkäufer dann gleich einen realistischen Preis aufrufen. Trinkgeld ist das gleiche. Da werden umgerechnet 10 Cent gegeben und man fühlt sich auch noch so herrlich gönnerhaft. Entweder ich gebe Trinkgeld in einer Höhe, die zumindest ansatzweise die Wertschätzung ausdrückt oder ich lasse das. Bei „aufgedrängten“ Dienstleistungen wie illegaler Parkraumbewirtschaftung oder andere in der Art zahle ich auch umgerechnet 2 oder 3 Euro dafür, dass er mir einen freigehaltenen Parkplatz zuweist und das Auto während der Zeit auch im Auge behält. Warum soll ich da diskutieren? Egal, ich steige da nicht weiter in das Thema ein.
Wir hatten jedenfalls beschlossen, gleich nach dem Frühstück bereits Richtung Fès aufzubrechen, um nach Marrakesch die zweite der vier Königsstädte zu besichtigen. Ein wenig Zeit sollte schon sein, die Städte zu besichtigen, so insbesondere neben Fès auch Chefchaouen. Die anderen Tourteilnehmer hatten heute Pausen- bzw. Eventtag. Vorher haben wir es uns aber auch nicht nehmen lassen, noch ein wenig im Sand zu spielen und haben die größte Düne weit und breit besucht. Es heißt zudem, die „Roten Dünen von Merzouga“ seien die schönsten Dünen in der gesamten Sahara. Wir haben da nicht so viel „rot“ gesehen. Das lag sicher auch noch an dem Sandsturm der vergangenen Nacht, da war mehr „gelb“ im Umlauf. Ungeachtet dessen passierte natürlich sogleich ein Missgeschick, d.h. Resi hat ein wenig „gepennt“ und schon steckte der blaue Benz fest, während ich so gerade noch wieder auf festen Boden gelangte. Dynamischen Abschleppgurt von TEMU herausgeholt, 5 Tonnen. Einmal gezogen und der Benz war draußen … und der Schäkel verbogen. Top Qualität. Wer billig kauft …
Für schöne Bilder hat es gereicht. Die Benze sind jetzt ohnehin nicht so die Tief- und Treibsandspezialisten und deren Fahrer auch nicht. Auf ging es Richtung der am Tag zuvor noch liegen gelassenen Sehenswürdigkeiten a la Himmelstreppe usw. Durch den Sandsturm waren alle Wege zugeweht. Ok, vielleicht schaffen wir es ja trotzdem. Nein. Jetzt war ich an der Reihe mit Festfahren. Zu wenig Schwung und hängen geblieben. Mit Sandboards und Buddeln dann ganz easy rausgekommen, für Resi ne Brücke aus Sandboards gebaut und er dann mit Anlauf wie Evel Knievel (wer kennt den noch?) über die Tiefsandpassage geflogen, als gäbe es kein Morgen. Natürlich neben den Sandboards. Warum einfach, wenn es auch schwierig geht? Er hat sie schlichtweg nicht getroffen. Ok, jetzt hatten wir auch noch unsere Sandpassagen. Wir sind dann aber umgedreht und zurück auf Schotter und Asphalt. Wir hatten ja noch einige Kilometer vor uns. Hatte ich eigentlich schon gesagt, dass die Streckenführung wieder grandios war? Ich muss schon sehr lange in meinen Erinnerungen kramen, um in 10 oder mehr Urlauben / Touren zusammen auf die Anzahl von beeindruckenden Streckenführungen zu kommen, die wir hier in einer Tour kurz hintereinander zu sehen bekamen und im Wortsinne erfahren durften. Ja, da spielte sicherlich auch das Fahrzeugmodell eine Rolle. Es ist schon ein Unterschied, ob man mit einem Maserati Quattroporte mit über 400 PS, Leder-Alcantara-Interieur von Poltrona Frau, Klimaautomatik und 19 Zoll-Rädern über die wunderbaren Straßen der östlichen Toskana oder den Passo dello Stelvio (Stilfser Joch) fährt und dabei den hochdrehenden Achtzylinder gleich einer Opernarie in sich hineinsaugt oder sich schlichtweg mit einem über 40 Jahre alten Mercedes W123 200D mit dem Beschleunigungsvermögen einer Weinbergschnecke und dem nagelnden Vorkammer-Diesel-Geräusch einer landwirtschaftlichen Nutzmaschine fortbewegt. Es ist ein gänzlich anderes Erleben und Erlebnis.
Und ja: Irgendwann schleicht einem ein leichtes Lächeln auf die Lippen, wenn der Diesel ohne zu Mucken auf die erste Schlüsselumdrehung einfach nur läuft, egal ob er 350.000 km (gerade eingefahren) oder weit mehr als 500.000 km „auf der Uhr“ hat. Man hört das laute Ticken des Blinkers, den satten Klang, mit dem die Türen zugehen, das Quietschen der überdimensionalen Federn für den Kofferraumdeckel, das die Endgültigkeit des Daseins symbolisierende Zufallen der Motorhaube, an die praktischerweise auch gleich noch der Kühlergrill nebst Stern montiert ist. Würde heute niemand mehr machen. Und auf dem Grill kann man wahrscheinlich tatsächlich auch Thüringer Bratwürste grillen. Dann beginnt man zu verstehen, warum der Benz dieser Baureihe so geliebt wird und es hat nicht den Eindruck, dass diese Liebe jemals erkalten könnte, wird sie doch von Generation zu Generation weitergegeben.
Gut so, dass wir einen Tag eher als die anderen losgefahren sind. Je weiter wir gen Norden kamen, umso dämlicher wurde die Fahrweise der Einheimischen. Von Gelassenheit keine Spur, Überholen an den unmöglichsten Stellen und dann gleich nach dem Überholmanöver rechts abbiegen. Hä? Was soll das? Ist wohl ein anderer Menschenschlag. Es begann dann doch, etwas stressig zu werden. Auch die Straßen wurden signifikant schlechter. Asphaltabbrüche an den Rändern ohne Ende. Je niedriger die Bedeutung der Straßen wurde, desto schlimmer sahen die Straßen aus. Und natürlich wollte jeder das Spielchen spielen, wer als Erster auf die Bankette fährt, hat verloren. Manchmal bin ich auch ausgewichen. Manchmal auch nicht. Die „harten Jungs“ erkennt man meistens daran, dass sie schon mit eingeklapptem Spiegel auf der Fahrerseite fahren. Brauche ich nicht.
Wir haben uns irgendwann zur Nacht gebettet. Anstatt Dachzelt wurden uns auf einem fälschlich als „richtiger“ Campingplatz ausgewiesenen Privatgelände mit 2 Parkbuchten für Wohnmobile zwei Appartements mit gesondertem Bad angeboten, Frühstück war auch dabei. Haben wir natürlich genommen und uns im nachhinein gefreut, weil es die Nacht über in ca. 1.500 m Höhe ziemlich frisch wurde. Es war sogar in den Zimmern kalt. Die paar Kilometer bis Fès haben wir ziemlich schnell hinter uns bringen können, haben zugleich einen zentralen Parkplatz im Eingangsbereich der Altstadt angefahren und wiederum den „aufgedrängten“ Parkplatz-Service genossen. Die blockieren mit Hütchen oder großen Steinen die Parkplätze, damit sich kein Tourist ohne Bakschisch da drauf stellen kann. Warum soll ich jetzt aussteigen, die Hütchen wegräumen, einparken und mich in der Folge mit dem selbst ernannten Parkwächter herumstreiten? Weil ich im Recht bin? Siehe oben. Ich lasse das den Parkwächter machen, gebe ihm einen Obolus und versuche, den Weg in die Altstadt alleine bzw. zu viert mit den anderen zu gehen.
Natürlich bleibt es bei dem Versuch. Zahlreiche selbst ernannte Stadtführer umschwärmen einen sofort und bieten ihre Dienstleistungen an. Preis? 200 Dirham für 4 Personen, das sind umgerechnet 5 Euro pro Person. Dauer mindestens 2 1/2, meistens um die 3 Stunden. Finde ich fair, wenn die Leistung stimmt. Und sie hat gestimmt. Wir haben nicht „nur“ die Hauptsehenswürdigkeiten abgeklappert, der Stadtführer hat uns vielmehr durch die verschiedensten Handwerksviertel geführt einschließlich Besuch der kleinen, teils im 2. Kellergeschoss unten liegenden Produktionswerkstätten geführt. 2 oder 3 befanden sich im Familienbesitz, wie er sagte. Wie weit geht Familie? Wird schon gestimmt haben. Mega interessant fand ich die aus Abrisshäusern aufgehobenen alten Türen, Fenster, Schmiedegitter usw. Ganze Straßenzüge mit Handwerksfirmen, die zu Restaurationszwecken genau diese alten Bauteile wiederverwendet haben. Einfach klasse! Es gibt viele Touristen, die Fès auch vor diesem Hintergrund als die ursprünglichste und schönste der vier Königsstädte bezeichnen. Kann man nachvollziehen. Für mich allerdings ist Marrakesch nach wie vor ganz oben. Da ich da jetzt aber schon dreimal war, davon zweimal über jeweils 1 komplette Woche, wäre für mich sicher beim nächsten Mal wiederum Fès oder aber die mir noch „fehlende“ Königsstadt Meknes auf dem Programm.
Danach haben wir noch die allseits gepriesene römische Ausgrabungsstätte Volubilis besucht. Diese befindet sich westlich von Fès, im Grunde auf dem Weg nach Chefchaouen. Wir haben jetzt im Laufe der Jahrzehnte zahlreiche römische Ausgrabungsstätten besucht. Vielleicht erkläre ich den Eindruck anhand eines kurzen Gesprächsverlaufs mit meinem Freund Resi, nachdem er das Areal vom Eingangsbereich aus (vor dem Kassenbereich) in Augenschein genommen hat. „Hast Du Dein Tele mit?“ „Ja, warum?“ „Das reicht, sparen wir uns den ganzen Touristen-Nepp.“ So haben wir es gemacht. Parkplatzwächter wollte 50 oder 60 Dirham, ziemlich aggressiv, obwohl wir außerhalb seines Einflussbereichs parkten. Eintritt sollte dann auch noch 70 oder mehr Dirham kosten usw. Der Parkplatz war gefüllt mit Bussen mit einer Gesamttransportkapazität von über 1.500 Personen. Nein, haben wir drauf verzichtet und das Teleobjektiv benutzt. Hin- und Rückfahrt dorthin waren die schlechtesten Straßen in ganz Marokko, auch hier wieder die an den Rändern abgebrochenen Asphaltdecken. Das Ganze noch garniert mit Schlaglöchern in der Mitte und Gegenverkehr. Früher war es vielleicht noch ein Geheimtipp, aber jetzt? Möglicherweise waren wir auch einfach nur überfüllt mit Eindrücken.
Weiterfahrt nach Chefchaouen. Dort sollten dann am Folgetag die Medaillen und Teilnahmeurkunden überreicht werden. Es gab nur einen Campingplatz, dieser aber in herausragender Panoramalage über der Stadt. Fährt man nach Navi oder Google-Maps, fährt man in der Regel dreimal oder öfter in dem Straßengewirr, welches sich den Berg hoch zieht, die falsche Straße hoch und landet bei Steigungen weit jenseits der 20 %. Das ist heavy. Die schafft den auch ein Benz mit Anlauf nicht mehr wirklich. Scheint aber gar nicht so geplant zu sein, denn was dort an Häusern steht, die dazu passenden Autos im Carport haben eher 200 oder 300 PS. Tipp: Immer den Berg hoch fahren. Wenn es eine Gabelung gibt – und es gibt viele – immer die Straße nehmen, die weniger Steigung aufweist und breiter erscheint. Bloß nicht „kürzester Weg“ oder so einstellen. Da muss man dann gefühlt senkrecht die Wand hoch fahren. Wenn man es dann weiß, uns haben Felice und Adrian in ihrem Panda 4×4 aus unserer Ver(w)irrung befreit, ist es ganz einfach. Oben angekommen, haben wir uns eng zwischen die Bäume gestellt, da wo eigentlich sonst nur Motorräder hinkommen. Panda, 2x Benz plus Platz für Ronzo mit seinem Golf III und wir waren unter uns. Und natürlich noch Christian mit seinem Motorrad, der uns für den Transport seiner alkoholischen Getränkevorräte immer hat teilhaben lassen. Umgekehrt ist es auch ein wahrer Genuss, wenn man als Biker nach einem harten Tag eine schön gekühlte 0,5 Liter Dose Bier aus unseren Beständen abpumpen kann. Es war ein Geben und Nehmen. Genauso wie bei dem Gepäck- oder Sprittransport. Wenn die Biker eine tricky Etappe vor sich hatten, sind jede 10 kg Gepäck oder (mangels Tankstelle) Zusatzsprit, die sie nicht transportieren mussten, Gold wert. Dann haben wir oder andere halt als mobile Tankstelle fungiert. Mein Lieblingsspruch von Manni aus dem Film „Ice Age“: „Das macht man so in einer Herde!“
Wo waren wir? Ach ja, Campingplatz oberhalb von Chefchaouen. Taxi in die Altstadt 50 Dirham, also ca. 5 Euro. Passt. Eine Strecke kann man aber auch easy laufen, nur Berg runter, ca. 35 Minuten. Rückweg immer mit dem Taxi oder aber man ist echt fit. Bin ich nicht. Die Altstadt erweis sich als ein wahres Juwel, vergleichbar etwa mit Mykonos oder Santorin, nur viel, viel größer und auch schöner. Tatsächlich. Absolut sehenswert und fotografierenswert. Wir waren dort etliche Stunden und werden dieser Stadt ganz sicher wieder einmal einen Besuch abstatten.