On Tour

2018 – Große Südamerikarundreise Teil 2

Von Puno ging es dann Richtung bolivianischer Grenze, der Grenzübertrritt erfolgte zu Fuß. Die haben da noch keine Abkommen bezüglich des Grenzübertritts mit Fahrzeug. Auch gut. War ein wenig abenteuerlich. Wechsel Reiseleiter, Wechsel Bus. Titicaca-See, mein zweites Tophighlight der Reise. Das höchstgelegene schiffbare Gewässer der Welt, 3.812m über NN, 65x so groß wie der Bodensee! Das ist schon ein Meer. Und Forellen haben die, 7kg!! Regenbogenforellen, wohl irgendwann aus Kanada eingeführt. Die schmecken, einfach nur geil.

Die sog. Sonneninsel auf dem Titicacasee gilt als Geburtsort der Inkakultur. Mussten wir natürlich hin. Ausgeschrieben war die Fahrt mit einem Tragflächenboot. Habe ich mich drauf gefreut. Pustekuchen. Es gab nur ein Tuckerboot, Hin- und Rückfahrt zusammen 2 Stunden länger. Wenn man eh Schlafdefizit hat, fehlen einem die Stunden ohne Ende. Der Groll gegen den Veranstalter wuchs täglich. Außerdem hatten die uns eine 76-jährige Mitreisende mit Behindertenausweis „G“ aufs Auge gedrückt, die dauernd aufs Klo musste. Aber ich habe dann dem Veranstalter nach der Tour ein 11-seitiges Schreiben geschickt, in dem ich ihm im Namen aller Reisenden erklärt habe, dass das keine Diskrimierung ist, wenn man da eine Selektion trifft, da diese in jedem Falle sachlich gerechtfertigt ist. Ich hatte Hals. Die hat uns jeden Tag minimum eine halbe bis 1 Stunde Zeit gekostet. Trotzdem war sie nett. Ihr hat es auch selbst gestunken, dass sie uns so „behindert“ hat. Aber letztlich hat sie die Reise gebucht und eben nicht eine mit medizinischer Betreuung oder Begleitperson. Das ging dann alles zu Lasten der anderen Mitglieder der Reisegruppe plus Reiseführer.

Egal. Zurück zur Sonneninsel: Wieder war Wanderung angesagt, natürlich wieder den Berg hoch, Rauchen Fehlanzeige. Wieder über das persönliche Limit. Höhe bewirkt Luftdruck runter und Blutdruck hoch. Ich habe aber schon zu hohen Blutdruck plus Hals plus zunehmende Höhe, schlechte Kombination. Aber super tolle Blicke, die ich sogar fotografieren konnte, als ich die Kamera wieder halten konnte.

Übernachtung in der Stadt Copacabana (Bolivien). Die Copacabana in Rio ist hiernach benannt, sagt man. Grottenschlechtes Hotel, das schlechteste auf der Reise, 1 1/2 Sterne. 1 wegen Dach über Kopf plus den halben wegen Dacht dicht. Punkt. Mehr nicht. Das ging gar nicht. War auch enthalten in den 11 Seiten an den Veranstalter. Dann noch Besichtigung der dort befindlichen Basilica, bedeutendster Wallfahrtsort in Bolivien wegen einer 1m hohen „dunklen Madonna“. Ich erspare die Geschichte. Die Peruaner und Bolivianer finden die jedenfalls so toll, dass sie aus dem Ort mehrfach im Jahr „Klein-Mekka“ machen. Sollen sie machen.

Von Copacabana (Bolivien) aus fuhren wir weiter über die schmalste Stelle des Titicaca-Sees auf die andere Seite. Brücke? Wird schon seit vielen Jahren geplant, so wie die A44 von Kassel nach Eisenach. Die hatten glaube ich 40 Jahre Planung und ca. 71 Verwaltungsgerichtsverfahren, bis der letzte Frosch umgesiedelt worden ist und der Bau begonnen hat. Die jedenfalls nehmen sehr gewöhnungsbedürftige Holzfähren, in denen schon vor der Überfahrt Wasser drin steht. Wir mussten aussteigen, danke! Ich wäre da nie drauf gefahren oder was auch immer. Ich wäre geschwommen, umgedreht, Wasser-Ski, aber nie da drauf. Ich weiß nicht mehr, irgendwie sind wir nach La Paz gekommen. Mir fehlt da ein Stück. Ich glaube mit dem Flugzeug. Das ist mal ne Stadt, die erstreckt sich von 3.800m bis an die 4.500m über NN, wenn man El Alto mit einbezieht. Da haben wir gewohnt. Der Präsident von Bolivien war irgendwann mal in der Schweiz, ich weiß nicht, ob zum Ski-Fahren oder zum Staatsbesuch. Jedenfalls haben ihn die Schweizer gefragt, wie sie ihm helfen können. Und er hat nur ein Wort gesagt: Gondelbahn! Ok. Haben die Schweizer gemacht … und zwar gleich 3 Stück von der Sorte. Die gesamte Stadt wird über Gondelbahnen erschlossen. Super schnell, super klasse. Einfach, billig, gut. Und jetzt bauen sie noch 7 weitere Linien.

In der Nähe von La Paz gibt es „Klein-Bryce-Canyon“, genannt Valle de la Luna (Mondtal).

Nachdem Zeit und Raum irgendwann irgendwie verloren gingen, oftmals morgens um 4.00h Weckzeit, und nur noch der Überlebensmodus bestimmte, freute ich mich tierisch auf Meereshöhe, denn der Flug nach Buenos Aires stand auf dem Programm. Eine Stadt, die ich total unterschätzt habe und für mich die größte positive Überraschung auf der Reise war. Da fliege ich nochmal hin, mit Abstecher nach Uruguay auf der anderen Seite des La Plata-Flusses, erneut zu den Iguazu-Fällen (dazu später) und von dort noch einen Abstecher nach Paraguay. Ganz sicher!

Buenos Aires wurde – was ich vorher nicht wusste – von der UNESCO zur Design-Hauptstadt der Welt gekürt oder so ähnlich. Ein Schmelztiegel der (vorwiegend europäischen) Kulturen, im Wortsinne gemischt mit ein paar Ureinwohnern und Sklaven und was auch immer. Letztlich entsteht da ein Völkergemisch, Kreolen, Mestizen, Mulatten und so weiter. Die haben zwar alle unterschiedliche kulinarische Inputs, aber sie haben sich alle auf 500g-Steaks als Hauptnahrungsmittel geeinigt. Kann man so machen. Gemüse wird überbewertet, Salat sowieso.

Der Stadtteil „La Boca“ besteht praktisch nur aus bunten Häusern mit Graffiti sowie dem Stadion der Boca Juniors. Sehr italienisch geprägt, sehr spannend, unbedingt mehrfach sehenswert. Wir waren 2x dort und nicht das letzte Mal! Tango Freestyle an jeder Ecke. Das mag ich. Besonders wenn die Dame den Oberschenkel beim Tanzen rauf- und runterschlickert. Jepp. Und nen Friedhof haben die auch, anderer Stadtteil. Gleiche Liga wie Paris oder Wien. Grabmäler und Mausoleen ohne Ende. Der Einheimische hält halt was auf sich. Man will ja nicht neben dem Plebs begraben liegen. Und auch im Tod gilt, je größer und prunkvoller die Hütte, desto bedeutender der Tote. Aha. Die zahlen Millionen für so einen Bau auf dem Friedhof. Der Platz ist ja begrenzt, „Neubauten“ nicht möglich. Evita Peron liegt da auch. Ach so: Auf Meereshöhe konnte ich wieder „normal“ rauchen und laufen und reden und …

Nein, die Reise mit einer Überfülle an Eindrücken war noch nicht zu Ende, die Iguazu-Fälle standen auf dem Programm. Gegen die sind die Niagara-Fälle ein prostatatisches Pillerwasser. Weltnaturwunder, alle Superlative dieser Welt verdient. Die liegen auf der Grenze zwischen Argentinien und Brasilien. Geplant war der Flug von Buenos Aires zu dem argentinischen Flughafen der Iguazu-Fälle, Cataratas del Iguazú, auch „bekannt“ als Bürgermeister Carlos Eduardo Krause Airport. Ich möchte auch einen Flughafen haben. Von dort aus sollte die argentinische Seite der Wasserfälle besucht werden, anschließend der Grenzübergang nach Brasilien und dann die Übernachtung in Brasilien, von dort dann am nächsten Morgen der Besuch der brasilianischen Seite der Wasserfälle, Transfer zum Flughafen und Flug nach Rio de Janeiro. Das war ja schon ehrgeizig.

Die örtlichen Agenturen haben da aber irgendetwas sehr deutlich vertrieft. Flug – uuups aus Versehen – 3 Stunden später, leider wäre es (war es) bei Ankunft schon dunkel, argentinische Seite ade? Nö. Die Gruppe hatte mich ja während der Reise bereits zum „Klassensprecher“ gewählt, weil ich andere Versäumnisse bereits korrigiert bekommen hatte und nicht rechtzeitig den Kopf eingezogen hatte. Alles umgeplant mit dem neuen Reiseleiter vor Ort, Marcello. Der war gut, hatte ja auch deutsche Großeltern und verstand etwas von Organisation. Ok, noch früher als sonst aufstehen, zurück nach Argentinien, ausführlicher Besuch der argentinischen Seite der Wasserfälle. Wir waren die ersten, als der Park öffnete. Und die ersten, die im Dschungelzug saßen. Geil, Atem beraubend, unvergesslich! Anschließend erneut der Grenzübergang nach Brasilien und Besuch der brasilianischen Seite der Wasserfälle, total anders, aber mindestens genauso gut. Meine Frau mitten im Regenbogen, gefühlt eine Heilige. Na ja, wollen wir mal nicht übertreiben. Aber geil! Transfer zum Flughafen und Flug nach Rio de Janeiro, wo wir irgendwann spät nachts eintrudelten. Wir waren fast 24 Stunden auf den Beinen. Ach so ja, auch den Flug noch nach hinten verschoben. Kam alles auf die Liste für den Veranstalter. Ich laufe doch nicht sehenden Auges in einen erheblichen Reisemangel und beschwere mich dann später. Auf der Reise war noch ein Anwalt. Unser Stichwort war: tres abogados. Das fanden die nicht witzig. Ich lasse mir doch solch eine Reise nicht versauen durch Dummheit und Ignoranz! Erstmal reparieren und dann denen meinen Aufwand liquidieren. Die spinnen wohl. War bislang auch das erste und einzige Mal, dass ich Reisemängel geltend gemacht habe – und das bei weit über 100 Reisen.

Iguazu-Fälle? Das war ein weiteres meiner vorgefühlten Tophighlights und das wurde durch die Wirklichkeit noch übertroffen! Verrückt!

Abschluss der Reise in Rio de Janeiro: Was man alles mit dieser Stadt verbindet. Die Stadt hat einen nahezu magischen Klang. Und die Wirklichkeit? Na ja. Angekommen am Flughafen empfing uns erst einmal Hitze und hohe Luftfeuchtigkeit. Auf dem Weg zum Hotel (was übrigens ebenso wie das in Buenos Aires absolute Klasse war und super gelegen), sieht man zahlreiche Kinder und Jugendliche unter Brücken und auf der Straße, die sich voll in der Öffentlichkeit nen Schuss setzen oder irgendwas auf Teelöffeln aufkochen. Obdachlose an allen Ecken und Enden, bevorzugter Platz oben auf den Wartehäuschen von Bussen. Toll ist das nicht wirklich.

Wir kennen das Wort „Favela“. Bei den Brasilianern ist das verpönt. Das Bestreben geht dahin, diese zu bairros zu machen, ordentlichen Stadtvierteln mit Wasser, Strom, Abwasser etc. In Rio de Janeiro soll es an die 1000 solcher Viertel geben. Die meisten Bewohner gehen einer „ordentlichen“ Arbeit nach, also Kameras klauen und Touristen bestehlen. Nein, stimmt nicht. War ein Spaß. Das machen wiederum nur die Junkies, so jedenfalls unsere örtliche Reiseleiterin. Rio ist pleite, ziemlich schlimm pleite. Die Polizisten haben seit Dezember kein Gehalt mehr bekommen, nur im Mai mal einen Abschlag. Die stehen nur so rum und schauen zu, wie die Dealer dealen, die Räuber rauben, die Diebe stehlen. Aber Falschparker werden sofort abgeschleppt, weil die Abschleppunternehmer wiederum Abkommen mit den Polizisten haben, von 50:50 ist die Rede. Von irgendwas muss man ja leben. Die Penner stammen wiederum aus den Favelas. Denen ist es da zu voll und sie suchen die Einsamkeit auf dem Wartehäuschen, wo sie wenigstens mal in Ruhe schlafen können, so jedenfalls unsere Reiseleiterin. Und solange die Polizei die gewähren lässt, ist es halt so.

Rio war letztlich eine Enttäuschung, obwohl wir uns die klassischen Sehenswürdigkeiten natürlich angeschaut haben. Der Jesus auf dem Berg, genannt Cristo Redentor, ist schon ne Hausnummer. Die Fahrt dort hoch ist es schon wert. Von oben dann ein Blick, ich kam gar nicht nach mit dem Fotografieren, obwohl es etwas diesig war. Wir hatten Glück, dass gerade nicht 5 Kreuzfahrtschiffe im Hafen lagen. Die wollen dann nämlich auch alle da hoch. Dann kann man sterben und steht trotzdem noch 5 Stunden aufrecht, so voll ist es dann da. Bei uns nicht.

Zuckerhut und andere Sehenswürdigkeiten standen auch auf dem Plan. Lohnt sich. Eine Enttäuschung war die Copacabana selbst. Es sieht dort aus wie in Benidorm, Hochhäuser ohne Ende. Und all die tollen Fotos und Postkarten von Frauen mit serienweise hübschen Hintern, alles Fake. Da sind Drillinge in einem Tanga, Brasilien verfettet. Ne, das braucht kein Mensch. Aber! Großes Aber! Wenn es dunkel wird und alle Katzen grau, Konturen verschwimmen, Salsa, Schnalsa und was auch immer die Szenerie beherrschen, dann wird es schön. Einen Caipirinha für 2,20 bis 2,50 umgerechnet, kaum Eis, aber 0,4l Becher trotzdem voll, das läuft! Und läuft … und läuft. Da sitzt man am Strand im Sonnenuntergang und da kommt doch tatsächlich jemand mit nem Tablett vorbei und verkauft dir den Nachschub. Meine Frau hat abgelehnt, ich nicht. Meine Fresse, was hatte ich einen im Tee.

Tags: On Tour

Mehr Beiträge

Ähnliche Beiträge