Dem u.a. auch für Binnenschiffahrtsrecht zuständigen VI. Zivilsenat des BGH lag der Fall einer Frau zur Entscheidung vor, die durch das Herabstürzen eines unzureichend gesicherten Sonnendachs auf einem den Oder-Havel-Kanal befahrenden Kreuzfahrtschiff eine Querschnittlähmung erlitt. Sie begehrte vom Kapitän, dem Schiffseigner und dem Reiseveranstalter Schmerzensgeld und Schadensersatz.
Der Kapitän hatte das Halteseil des Sonnendachs auf Zuruf eines Mitarbeiters gelöst, ohne sich zuvor vergewissert zu haben, ob das Sonnendach anderweitig ausreichend gesichert war.
Wenn das Verhalten des Kapitäns lediglich als einfache Fahrlässigkeit einzustufen wäre, wäre die Haftung der Beklagten nach binnenschiffahrtsrechtlichen Sonderregeln auf einen Betrag von 320.000 DM beschränkt. Bei grober Fahrlässigkeit verliert der Beförderer dagegen das Recht auf Haftungsbeschränkung.
Landgericht und Berufungsgericht haben ein grob fahrlässiges Verhalten des Kapitäns und auch eine unbeschränkte Haftung des Schiffseigners und des Reiseveranstalters bejaht.
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat diese Wertung der Instanzgerichte bestätigt. Weiter hat er klargestellt, dass durch den Einigungsvertrag das Binnenschiffahrtsrecht der Bundesrepublik auf das Beitrittsgebiet der ehemaligen DDR erstreckt wurde. Die im Einigungsvertrag berücksichtigten Unterschiede in der seerechtlichen Haftung aufgrund des Beitritts der DDR zum Athener Übereinkommen über die Beförderung von Reisenden und ihrem Gepäck auf See von 1974 bestehen für das Binnenschiffahrtsrecht nicht.
Wegen Verfahrensfehlern des Berufungsgerichts zur Höhe der geltend gemachten Ansprüche hat der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs das angefochtene Urteil zum Teil aufgehoben und das Verfahren insoweit an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Das Berufungsgericht wird nun sowohl die Höhe zukünftiger Rentenzahlungen als auch die Kosten eines behindertengerechten Umbaus für den Zweitwohnsitz der Klägerin zu klären haben.
Urteil vom 12. Juli 2005 – VI ZR 83/04
Brandenburgisches OLG – 7 U 186/03
Karlsruhe, den 12. Juli 2005
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