Der Bundesgerichtshof hat heute entschieden, dass für die Frage, ob ein verkaufter älterer Gebrauchtwagen wegen einer dem Verkauf vorausgegangenen längeren Standzeit frei von Sachmängeln ist, grundsätzlich nicht auf die Standzeit als solche abzustellen ist, sondern darauf, ob bei dem Fahrzeug keine standzeitbedingten Mängel vorliegen.
Der Kläger, der einen Autohandel betreibt, verkaufte mit Vertrag vom 14. September 2006 dem Beklagten einen Chevrolet Van 20 zum Kaufpreis von 13.900 €. Das damals rund zehn Jahre alte Fahrzeug war vor dem Verkauf für 19 Monate stillgelegt gewesen. Die Zulassungsstelle verweigerte wegen überzogener Stilllegungsfristen die erneute Zulassung. Am 27. September 2006 stellte der Kläger das Fahrzeug nach Einholung des für die Zulassung erforderlichen Gutachtens wieder bereit und forderte den Beklagten zur Abholung und Bezahlung auf. Der Beklagte erklärte den Rücktritt vom Vertrag und berief sich unter anderem auf ein Fixgeschäft. Nach vergeblicher Fristsetzung erklärte auch der Kläger den Rücktritt vom Vertrag und machte Schadensersatz sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten – insgesamt 2.255,80 € – geltend. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben; das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
Die dagegen gerichtete Revision des Klägers hatte Erfolg. Der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass bei dem verkauften Fahrzeug kein Sachmangel im Sinne des § 434 Abs. 1 BGB vorlag, so dass der Beklagte nicht vom Vertrag zurücktreten konnte. Anders als das Berufungsgericht gemeint hat, lässt sich keine Aussage dahin treffen, dass eine Standzeit und Stilllegungsdauer von 19 Monaten bei einem Gebrauchtfahrzeug eine Beschaffenheit darstellt, die nicht mehr üblich ist und die der Käufer nicht erwarten musste. Eine allgemeingültige Antwort auf die Frage, welche Standzeit üblich ist, ist schon deshalb nicht möglich, weil die Standzeit eines Gebrauchtwagens stark von der jeweiligen Marktlage abhängt. Außerdem lässt sich allein auf statistischer Grundlage keine Aussage dazu treffen, welche Käufererwartung hinsichtlich der Standzeit objektiv berechtigt ist. Denn die Standzeit des Fahrzeugs ist für den Gebrauchtwagenkäufer nicht als solche, sondern allein im Hinblick auf mögliche standzeitbedingte Schäden von Interesse. Ob sich derartige Mängel einstellen, hängt indessen von vielen Faktoren, insbesondere davon ab, unter welchen Bedingungen und mit welchen Vorsorgemaßnahmen ein stillgelegtes Fahrzeug abgestellt wird. Geschieht dies unter ungünstigen Bedingungen und/oder ohne fachmännische Vorbereitung, können schon nach kurzer Standzeit Korrosions- und andere Schäden auftreten. Umgekehrt kann bei fachmännischem Vorgehen der Zustand eines auch längere Zeit stillgelegten Fahrzeugs besser sein als der gleichaltriger Fahrzeuge ohne Standzeit. Deshalb ist hinsichtlich der Frage, ob ein verkaufter älterer Gebrauchtwagen wegen einer dem Verkauf vorausgegangenen längeren Standzeit im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB frei von Sachmängeln ist, – anders als bei der Standzeit eines Jahreswagens bis zum Zeitpunkt seiner Erstzulassung (BGH, Urteil vom 7. Juni 2006 – VIII ZR 180/05, NJW 2006, 2694, Tz. 11) – grundsätzlich nicht auf die Standzeit als solche abzustellen, sondern darauf, ob bei dem Fahrzeug keine Mängel vorliegen, die auf die Standzeit zurückzuführen sind und die gleichartige Fahrzeuge ohne entsprechende Standzeit üblicherweise nicht aufweisen.
Der Bundesgerichtshof hat die Sache an das Landgericht zurückverwiesen. Das Landgericht hat offen gelassen, ob ein Fixgeschäft im Sinne des § 323 Abs. 2 Nr. 2 BGB vorlag, wie der Beklagte vorgetragen hat. Die insoweit gegebenenfalls erforderlichen Feststellungen müssen nunmehr nachgeholt werden.
Urteil vom 10. März 2009 – VIII ZR 34/08
AG Überlingen – Urteil vom 25. Mai 2007 – 1 C 153/07
LG Konstanz – Urteil vom 9. Januar 2008 – 11 S 114/07
Karlsruhe, den 10. März 2009
Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501