OLG Karlsruhe, Pressemitteilung vom 02.12.2008
Der Kläger kaufte bei dem beklagten Autohändler im Oktober 2004 einen Pkw für insgesamt 82.935 Euro. In den anerkannten Verkaufsbedingungen heißt es unter anderem:
Zeigt sich innerhalb von einem Jahr ab Auslieferung ein Sachmangel, so wird vermutet, dass die Sache bereits bei Auslieferung mangelhaft war, es sei denn, diese Vermutung ist mit der Art des Mangels nicht vereinbar. Beschränkt auf die Geltendmachung von Mängelbeseitigungsansprüchen gilt diese Vermutung auch dann, wenn sich ein Sachmangel erstmals nach Ablauf eines Jahres, aber vor Ablauf von zwei Jahren nach Auslieferung zeigt.
Nach den gesetzlichen Regelungen des BGB setzt die Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen regelmäßig voraus, dass ein Sachmangel bereits bei Übergabe vorliegt. Die Limousine wurde dem Kläger Mitte Februar 2005 übergeben. Ab April oder Mai 2006 traten Fehler an der sogenannten „Softclose-Funktion“ auf. Die jeweils betroffene Tür konnte nicht vollständig geschlossen, sondern nur angelehnt werden und musste bei einer gleichwohl durchgeführten Fahrt festgehalten werden, um ein Aufspringen zu verhindern. Der Kläger rügte diesen Mangel mehrfach gegenüber der Beklagten, die jeweils dem Mangelbeseitigungsverlangen nachkam, indem sie vor allem am 16.05. und 26.05.2006 kostenlose Reparaturarbeiten ausführte und den Pkw jeweils als instandgesetzt zurück gab. Da die Mangelbeseitigung misslang, erklärte der Kläger im Juni 2006 den Rücktritt vom Kaufvertrag. Der Kläger begehrt Rückabwicklung des Vertrages, nämlich Rückzahlung des Kaufpreises abzüglich eines Wertersatzes in Höhe der gezogenen Nutzungen. Die Beklagte hat Klagabweisung beantragt.
Das Landgericht Karlsruhe hat die Klage abgewiesen, weil der Kläger den Nachweis, dass der Mangel bereits bei Übergabe des Fahrzeuges vorhanden gewesen sei, nicht habe führen können.
Die Berufung des Klägers zum Oberlandesgericht Karlsruhe hatte Erfolg. Der Kläger kann Rückabwicklung des Kaufvertrages in Form von Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Zahlung eines Wertersatzes für die Nutzung des Fahrzeuges in Höhe von ca. 25.000 Euro verlangen. Der Pkw war mit einem nicht unerheblichen Sachmangel behaftet. Dieser Mangel lag zum Rücktrittszeitpunkt noch vor. Den ihm obliegenden Nachweis, dass dieser Sachmangel bereits bei Übergabe des Pkw vorhanden war, brauchte der Kläger nicht zu führen, weil die Beklagte durch vorbehaltlose kostenlose Mangelbeseitigungsversuche das Vorhandensein eines zur gesetzlichen Nacherfüllung verpflichtenden, also eines anfänglichen Mangels anerkannt hat. Sie kann daher im Nachhinein gegenüber dem Kläger nicht mehr mit Erfolg in Abrede stellen, dass der Fehler bei Übergabe vorhanden war.
Auf die in den Geschäftsbedingungen genannte Vermutungsregelung kommt es nicht an, sie greift nämlich nur ein, wenn bei der Geltendmachung des Nacherfüllungsverlangens Streit darüber besteht, ob ein anfänglicher Mangel vorliegt oder nicht. Das war hier aber nicht der Fall. Die Beklagte hat durch ihr Verhalten aus der Sicht des Klägers das Vorhandensein eines anfänglichen Mangels anerkannt. Maßgeblich bei der Frage, ob ein solches Anerkenntnis vorliegt, ist, ob der Verkäufer, aus der Sicht des Käufers nicht nur aus Kulanz oder zur gütlichen Beilegung eines Streits, sondern in dem Bewusstsein handelt, zur Nacherfüllung verpflichtet zu sein. Hier liegt ein Anerkenntnis der Beklagten vor. Sie hat auf die Mängelrügen des Klägers jeweils einen „Garantiereparaturauftrag“ gefertigt und für den Kläger kostenlose, nicht unerhebliche Reparaturarbeiten durchgeführt. Sie ist vorbehaltlos in die Erfüllung der ihr obliegenden Nacherfüllungspflicht eingetreten. So hat sie zuletzt die Türschlösser der beiden Vordertüren ausgebaut, kontrolliert und wieder eingebaut, die Batterie geprüft und durch eine neue ersetzt. Dass die Beklagte selbst im Bewusstsein ihrer Nacherfüllungspflicht handelte, zeigt sich auch dadurch, dass sie jeweils gegenüber der Herstellerin des Fahrzeugs die Mangelbeseitigungsarbeiten in Rechnung gestellt hat. Die Vermutungsregelung steht dem nicht entgegen. Diese Bestimmung soll den Käufer im Vergleich zur gesetzlichen Regelung besser, nicht aber schlechter stellen, wenn es um den erforderlichen Nachweis geht, ob ein tatsächlicher Sachmangel bereits bei Übergabe der Kaufsache vorhanden war. Haben sich die Vertragsparteien, wie hier, auf die Mängelrüge hin, ohne Einschränkung auf die Durchführung von Mangelbeseitigungsarbeiten verständigt, so ist dem Käufer das gesamte Gewährleistungsprogramm eröffnet, ohne dass er den Nachweis führen muss, dass der Mangel bereits bei Übergabe der Kaufsache vorhanden war.
Die Revision ist nicht zugelassen worden.
Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 25.11.2008
– 8 U 34/08 –