OLG Karlsruhe, Pressemitteilung vom 07.05.2014
Bei einer Veranstaltung „H.-E.-Freies Fahren“ des Deutschen Sportfahrerkreises auf dem Nürburgring im April 2012 „krachte“ der Geschäftsführer der Klägerin, einer Versicherungsmaklerin, mit deren Porsche 911 GT3 auf dem Nürburgring Nordschleife bei ca. 115 km/h in die Leitplanke. Die Klägerin begehrt wegen der beschädigten Leitplanke Freistellung von den Schadensersatzansprüchen des Betreibers in Höhe von ca. 1.800,- Euro und Leistungen aus der Kaskoversicherung wegen der Beschädigung des Porsches in Höhe von ca. 20.000,- Euro von ihrer beklagten Kraftfahrzeugversicherung.
Im KFZ-Versicherungsvertrag findet sich zur Haftpflichtversicherung folgende Regelung (AKB):
„Genehmigte Rennen – Kein Versicherungsschutz besteht für Schäden, die bei Beteiligung an behördlich genehmigten kraftfahrt-sportlichen Veranstaltungen, bei denen es auf die Erzielung einer Höchstgeschwindigkeit ankommt, entstehen. Dies gilt auch für dazugehörige Übungsfahrten.“
Und für die Kaskoversicherung:
„Kein Versicherungsschutz besteht für Schäden, die bei der Beteiligung an Fahrtveranstaltungen entstehen, bei denen es auf Erzielung einer Höchstgeschwindigkeit ankommt. Dies gilt auch für dazugehörige Übungsfahrten. Darüber hinaus besteht kein Versicherungsschutz für jegliche Fahrten auf Motorsport-Rennstrecken, auch wenn es nicht auf Erzielung einer Höchstgeschwindigkeit ankommt (z.B. bei Gleichmäßigkeitsfahrten, Touristenfahrten). Versicherungsschutz besteht jedoch für Fahrsicherheitstrainings.“
Die Beklagte hat sich auf die Ausschlussklauseln berufen und die geforderte Leistung verweigert.
Das Landgericht Mannheim hat der Klage lediglich hinsichtlich der Freistellung von Schadensersatzansprüchen wegen der Leitplanke stattgegeben und sie im übrigen abgewiesen. Gegen dieses Urteil richten sich die Berufungen der Parteien.
Der unter anderem für das Versicherungsrecht zuständige 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe hat das landgerichtliche Urteil bis auf einen Nebenpunkt bestätigt.
Der Klägerin stehe kein Anspruch auf Erstattung des geltend gemachten Kaskoschadens wegen Beschädigung des versicherten Fahrzeuges zu. Einer Leistungspflicht der Versicherung stehe der Risikoausschluss in den AKB entgegen. Die Ausschlussklausel sei in der konkret vorliegenden Form wirksam, insbesondere sei sie weder überraschend noch intransparent oder benachteilige die Klägerin in sonstiger Weise entgegen den Geboten von Treu und Glauben. Die Klausel sei nicht überraschend, auch wenn sich in denselben AKB in den Bereichen für die Haftpflichtversicherung eine hiervon abweichende Risikoausschlussklausel finde. Die Kraftfahrtversicherung sei eine in einem Versicherungsschein zusammengefasste Mehrzahl selbständiger Versicherungsverträge, weshalb Gefahrerhöhungen, Anzeigepflicht- und Obliegenheitsverletzungen sowie Risikoausschlussklauseln für die jeweilige Sparte jeweils getrennt zu prüfen seien. Der Inhalt sei üblicher Inhalt allgemeiner Versicherungsbedingungen und für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer deshalb ebenfalls nicht überraschend. Die Klausel sei ohne weiteres aus sich heraus verständlich. Sie sehe zunächst einen Risikoausschluss für auf Erzielung einer Höchstgeschwindigkeit angelegte Fahrtveranstaltungen und zugehörige Übungsfahrten vor, im nächsten Satz werde der Risikoausschluss – unabhängig vom „Renncharakter“ der jeweiligen Fahrt – auf sämtliche Fahrten auf Motorsport-Rennstrecken erstreckt.
Eine Motorsport-Rennstrecke stelle eine Strecke dar, die dem Motorsport gewidmet sei und auf der – für diese Zeit der Widmung – kein öffentlicher Straßenverkehr im Sinne der straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften stattfinde. Dass die Strecke hier außerhalb von Zeiten organisierter Veranstaltungen für die Allgemeinheit in dem Sinne zugänglich sei, dass jedermann die Möglichkeit habe, sie gegebenenfalls gegen Zahlung eines Entgelts zu nutzen, nehme ihr die Eigenschaft als Motorsport-Rennstrecke nicht.
Es könne offen bleiben, ob es sich hier um ein Rennen bzw. eine zugehörige Übungsfahrt gehandelt habe, denn es liege jedenfalls eine Fahrt auf einer Motorsport-Rennstrecke gemäß der Ausschlussklausel vor.
Es habe sich auch nicht um ein vom Risikoausschluss ausgenommenes Fahrsicherheitstraining gehandelt. Bereits nach dem allgemeinen Wortverständnis setze das Vorliegen eines Fahrsicherheitstrainings die Anwesenheit zumindest einer Person voraus, welche die Teilnahme am Training anleite, das Fahrverhalten der Teilnehmer beobachte und Hinweise gebe, um festgestellte Fahrfehler zu vermeiden bzw. das Fahrverhalten zu optimieren. An der Anwesenheit einer solchen Person als „Trainer“ fehle es aber bereits nach dem Sachvortrag der Klägerin.
Die Klägerin könne allerdings Freistellung von den Schadensersatzansprüchen bezüglich der Leitplanke aufgrund des Vertrages zur Haftpflichtversicherung verlangen. Hier könne sich die beklagte Versicherung nicht mit Erfolg auf die Ausschlussklausel im Haftpflichtversicherungsvertrag berufen, denn sie habe den ihr insoweit obliegenden Beweis, dass es bei der Veranstaltung des Deutschen Sportfahrerkreises auf die Erzielung einer Höchstgeschwindigkeit angekommen sei, nicht führen können. Zwar bestünden für den Senat keine Zweifel daran, dass bei einer Veranstaltung der vorliegenden Art die eingesetzten Kraftfahrzeuge einem gesteigertem Risiko unterlägen und das Fahrverhalten der Teilnehmer – etwa durch Ausbremsen anderer Teilnehmer, Rechtsüberholen, Windschattenfahren – vielfach den Anforderungen der StVO nicht gerecht würde. Jedoch sei unstreitig keine Wertung, Platzierung und Zeitmessung erfolgt. Dass es den Teilnehmern zweifelsohne auch um die Erzielung möglichst hoher Geschwindigkeiten gehen könne, sei bei der gebotenen engen Auslegung einer Ausschlussklausel nicht ausreichend. Die Veranstaltung habe auch keine „zugehörige Übungsfahrt“ dargestellt, insoweit müsse eine vom Veranstalter organisierte Übungsfahrt zu einem bestimmten Rennen vorliegen, das sei hier nicht der Fall gewesen.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen.
Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 15.04.2014 – 12 U 149/13 –