Nachfolgend ein Beitrag vom 18.10.2017 von Ehmann, jurisPR-ArbR 42/2017 Anm. 5
Orientierungssätze zur Anmerkung
1. Die für die Überwachung der Einhaltung von Lenk- und Ruhezeiten im Straßenverkehr zuständige Behörde kann von einem Paketversender die Herausgabe von Sendungsverfolgungsdaten fordern, die sich auf die gesamte „Beförderungskette“ beziehen. Außerdem kann sie das „Herausfiltern“ von Daten nach von ihr vorgegebenen Kriterien verlangen.
2. Es besteht kein Recht, die Einsichtnahme der Behörde in geschäftliche Unterlagen mit der Begründung zu verweigern, durch die Einsichtnahme könnten möglicherweise Verstöße gegen Lenk- und Ruhezeiten aufgedeckt werden.
A. Problemstellung
Gegenstand der Entscheidung ist die Frage, ob die Gewerbeaufsicht auf Sendungsverfolgungsdaten („Trackingdaten“) von Paketversendern zugreifen darf, um mit ihrer Hilfe die Einhaltung von Lenk- und Ruhezeiten bei den Unternehmen zu überprüfen, die an der Erbringung der Paketdienstleistung beteiligt sind. Dabei geht es auch um die Frage, ob sie von einem Paketdienstleister verlangen kann, vorhandene Trackingdaten nach bestimmten Kriterien zu filtern.
B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung
Die Klägerin ist ein gewerblich tätiger Paketdienstleister. Sie wendet sich gegen einen an sie gerichteten Bescheid des Gewerbeaufsichtsamts der Regierung der Oberpfalz zur Herausgabe von Sendungsverfolgungsdaten („Trackingdaten“). Das Gewerbeaufsichtsamt möchte mit Hilfe dieser Daten die Angaben von Paketzustellern über ihre Lenkzeiten überprüfen.
Die Klägerin führt die Abhol- und Zustelldienste nicht selbst, sondern über selbstständige Drittunternehmen (Subunternehmer) mit Fahrzeugen mit einem zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 2,8 bis zu 3,5 t durch. Jedes Jahr werden auf diese Weise mehrere hundert Millionen Pakete transportiert. Die Unterauftragnehmer übernehmen den Transport und die Zustellung von den Depots der Klägerin bis zum Empfänger. Sie scannen die Sendungen beim Beladen ihrer Fahrzeuge in den Depots und beim Zustellen. Bei erfolgloser Zustellung scannen sie die Rückgabe des Pakets an das Depot. Diese „Trackingdaten“ werden an die Klägerin übermittelt. Dort werden sie u.a. aus abrechnungstechnischen Gründen gespeichert. Die Unterauftragnehmer speichern diese Daten nicht und sind auch im Nachhinein nicht im Besitz dieser Daten. Die Klägerin nutzt digitale Möglichkeiten voll aus und hat für die konsequente Digitalisierung von Ablaufprozessen nach ihren Angaben sogar eine Auszeichnung erhalten.
Das Gewerbeaufsichtsamt der Regierung der Oberpfalz forderte die Klägerin im Rahmen der Überprüfung von Lenk- und Ruhezeiten mit Bescheid vom 26.01.2016 auf, Trackingdaten für den Zeitraum vom 15.09.2015 bis zum 15.11.2015 für bestimmte Zustellbezirke vollständig und lückenlos vorzulegen. Sie sollten folgende Informationen enthalten:
a) Identifikationsnummer oder sonstigen geeigneten Identifikationsnachweis des mobilen Trackinggerätes, mit dem die Zustelldaten erfasst wurden.
b) Liste mit der tagesgenauen Zuordnung der Trackinggeräte zu den jeweiligen Tourennummern.
c) Liste, aus der die tagesgenaue Zuordnung des Fahrers (als Klarname oder als Identifikationsnummer) zum jeweiligen Trackinggerät hervorgeht.
d) Interne Paket-, Auftragsnummer oder Paketscheinnummer, zugeordnet einem Trackinggerät oder einem Fahrer.
e) Buchungszeitpunkt (Datum und Uhrzeit) der Verladung des jeweiligen Paketes in das Auslieferfahrzeug im Auslieferdepot.
f) Angabe der Zustellung (Datum und Uhrzeit) des jeweiligen Paketes bzw. bei versuchter Zustellung die Angabe des versuchten Zustellzeitpunkts (Datum und Uhrzeit) sowie Postleitzahl oder den Ortsnamen des Zustellortes.
g) Angabe des Rückbuchungszeitpunktes (Datum und Uhrzeit) von nicht zugestellten Sendungen aus dem Auslieferfahrzeug in das Auslieferdepot.
Das Gewerbeaufsichtsamt begründete den Erlass des Bescheids damit, dass die angeforderten Unterlagen benötigt werden, um die Unterlagen, die die Subunternehmer der Klägerin gemäß der Fahrpersonalverordnung bei dem Gewerbeaufsichtsamt vorzulegen haben, auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen. Das Gewerbeaufsichtsamt habe sich entschlossen, die Lenk- und Ruhezeiten und deren ordnungsgemäße Dokumentation gemäß der Fahrpersonalverordnung bei den Subunternehmern der Klägerin zu überprüfen. Die Klage richtet sich gegen den Bescheid vom 26.01.2016.
Die Klägerin hält den von ihr geforderten Aufwand für unverhältnismäßig. Verlangt werden könnten lediglich Dispopläne, Tourprotokolle, Fahrnachweise, Arbeitsantritt-/Pausen- und Arbeitszeitdokumentationen. Über diese Informationen verfügten allerdings die Subunternehmer. Außerdem bestünden datenschutzrechtliche Bedenken, da auch personenbezogene Angaben zu Fahrern gemacht würden. Diese Bedenken bestünden auch für die Empfängerdaten.
Nach Auffassung des VG Regensburg ist die Klage zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid vom 26.01.2016 sei rechtmäßig und verletze die Klägerin daher nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Rechtsgrundlage sei § 4 Abs. 1a FPersG. Danach kann die Aufsichtsbehörde die erforderlichen Maßnahmen anordnen, die der Arbeitgeber, der Verlader, der Spediteur, der Reiseveranstalter, der Hauptauftragnehmer, der Unterauftragnehmer und die Fahrervermittlungsagentur zur Erfüllung der sich aus diesem Gesetz und den aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen – wie der Fahrpersonalverordnung – ergebenden Pflichten zu treffen haben. Wie sich aus den Gesetzesmaterialien (BT-Drs. 18/3254, Anlage 3, BT-Drs. 18/3586, S. 1, 3 und 7) zu dieser Regelung ergebe, sei es gerade die Zielrichtung des Gesetzgebers gewesen, für die Aufsichtsbehörden eine Anordnungsbefugnis zu schaffen, um gegenüber an der Beförderungskette beteiligten Unternehmen aufsichtlich tätig werden zu können. Die Erweiterung des Adressatenkreises der Norm über Arbeitgeber hinaus ziele darauf ab, die ohnehin bestehenden materiellen Verpflichtungen der an der Beförderungskette Beteiligten besser kontrollieren zu können (vgl. zur Gesetzgebungsgeschichte und Auslegung der Anspruchsgrundlage ausführlich VG München, Urt. v. 21.02.2017 – M 16 K 16.1813 , Rn. 15 bis 22). Weiter führt das Gericht aus:
Aus § 1 Abs. 1 FPersV folgt die Pflicht von Fahrern von Fahrzeugen zur Güterbeförderung mit zulässiger Höchstmasse von mehr als 2,8 bis zu 3,5 Tonnen, bestimmte Lenk- und Ruhezeiten einzuhalten, aus § 1 Abs. 6 FPersV die Pflicht, u.a. diese Zeiten aufzuzeichnen und an den Unternehmer auszuhändigen. Aus § 20a Abs. 2 FPersV folgt eine näher bestimmte Mitverantwortung der weiteren an der Beförderungskette beteiligten Unternehmen u.a. für die Einhaltung der FPersV. Für Maßnahmen nach § 4 Abs. 1a FPersG genügt es daher, dass eine solche Pflicht ein genanntes Glied der Beförderungskette trifft, um Maßnahmen auch gegen ein anderes genanntes Glied der Beförderungskette zu treffen. Ersichtlich soll damit verhindert werden, sich durch Aufsplitterung in Subunternehmerkonstellationen den Sozialvorschriften im Straßenverkehr bzw. deren Kontrolle entziehen zu können.
Adressatin des Verwaltungsakts ist die das Unternehmen betreibende juristische Person, welche als Hauptauftragnehmerin i.S.v. § 4 Abs. 1a FPersG anzusehen ist. Letzteres ergibt sich daraus, dass sie die Depots betreibt und den Transport zum Empfänger von dort über Unterauftragnehmer organisiert (so auch VG München, Urt. v. 21.02.2017 – M 16 K 16.1813 Rn. 22 m.w.N.).
§ 4 Abs. 1a FPersG ermöglicht gegenüber der Adressatin „erforderliche Maßnahmen“. Eine solche stellt die Vorlage von Unterlagen, hier die Übermittlung von Trackingdaten dar. Die Übermittlung von Trackingdaten zur Feststellung von Pflichtverstößen und Vorbereitung weiterer Maßnahmen ist geeignet und erforderlich.
Die Geeignetheit ergibt sich aus Folgendem: Bei den Trackingdaten handelt es sich um eine Vielzahl von Datensätzen, welche automatisiert entstehen und weiterverarbeitet werden. Aus ihnen lassen sich zwar nicht unmittelbar Fahrbeginn, -unterbrechungen und -ende ablesen. In einer Zusammenschau mit den anderweitig vorzulegenden handschriftlichen Tageskontrollblättern ist es aber möglich, diese auf Richtigkeit zu überprüfen und offensichtliche Unrichtigkeiten festzustellen. Wäre z.B. ein Arbeitsbeginn bzw. -ende mit einer bestimmten Uhrzeit notiert, davor bzw. danach aber in den Trackingdaten bereits Auslieferungen verzeichnet, wäre eine Unrichtigkeit des Tageskontrollblattes festgestellt. Ebenso wenn Auslieferscans in Pausenzeiten des Tageskontrollblattes liegen oder an ganz anderen Orten geschehen sind als nach dem Tageskontrollblatt möglich.
Die Anordnung der Vorlage der Trackingdaten ist auch erforderlich, da es kein milderes, gleich effektives Mittel gibt. Die Tageskontrollblätter sind handschriftliche Aufzeichnungen, woraus allein schon die Fälschungsanfälligkeit deutlich wird. Dispo-Pläne stellen eine bloße Planung im Vorfeld dar und keinen Nachweis der tatsächlich gefahrenen Tour. Arbeitsantritt-/Pausen- und Arbeitszeitdokumentationen weisen jedenfalls nicht die Vielzahl der Vorgänge (Scans bei jeder Paketübergabe) auf. Insbesondere aber liefert die automatisierte Erfassung einer Vielzahl von Datensätzen eine höhere Gewähr für deren Richtigkeit, da eine Fälschung, die die Daten an die handschriftlichen Tageskontrollblätter anpassen würde, einen hohen manuellen Aufwand bedeuten würde. Die angeforderten Datenkategorien sind dabei als erforderliche Daten zu werten.
Darüber hinausgehende tatbestandliche Voraussetzungen für ein aufsichtsbehördliches Tätigwerden nennt die Regelung des § 4 Abs. 1a FPersG nicht. Die Aufsichtsbehörde kann demnach – wie die Regierung vorgetragen hat – routinemäßig oder anlassbezogen handeln (vgl. auch VG München, Urt. v. 21.02.2017 – M 16 K 16.1813 Rn. 23, unter Bezugnahme auf VG Bayreuth, Urt. v. 16.04.2013 – B 1 K 12.753 Rn. 22; VG Aachen, Beschl. v. 11.03.2013 – 2 L 590/12 Rn. 6).
Dass die Gewerbeaufsicht vorliegend nicht nur vereinzelte Daten anfordert, sondern größere Datenmengen, verstößt nicht gegen das Übermaßverbot. Denn eine Prognose ergibt, dass die elektronisch vorliegenden Daten nur mittels wenig zeitaufwändiger standardmäßiger Operationen gefiltert und ggf. aufbereitet werden müssen. Schon aus der Eigenbeschreibung der Dienstleistungen der Klägerin wird deutlich, dass die Trackingdaten in elektronischer, strukturierter Form vorliegen. Anders wäre es kaum vorstellbar, dass jeder von jährlich mehreren hundert Millionen Paketempfängern diese Pakete online verfolgen und umleiten kann. Bei der dargestellten elektronischen Infrastruktur der Klägerin ist es kaum denkbar, dass dem nicht eine Datenbank zugrunde liegt, welche durch Abfrage nach den genannten allgemeinen Kriterien die gewünschte Zusammenstellung selbstständig ausgibt. Weder die Behörde noch das Gericht mussten die gerade bei der Klägerin bestehenden technischen Strukturen (Hard- und Software, Personal mit vollem Datenzugriff) weiter aufklären. Bei einem Unternehmen, das die geforderten Daten vielfach elektronisch übermittelt und diese zum Anbieten der eigenen Dienste auswerten können muss, besteht ein Beweis des ersten Anscheins dafür, dass auch ein Herausfiltern der vorliegend angeforderten Daten automatisiert und ohne nennenswerten menschlichen Aufwand technisch möglich ist.
Die Anordnung verstößt nicht gegen das Brief- und Postgeheimnis (Art. 10 GG). Ein Rückschluss auf bestimmte Versender oder Empfänger ist aus den Daten für die Gewerbeaufsicht bei dem geforderten Vorgehen nicht möglich.
Die Bedenken der Klägerin gegen eine Aufdeckung ihres Geschäftsmodells können selbst in dem – hypothetischen – Fall, dass dieses einen Verstoß gegen Lenk- und Ruhezeiten quasi erfordern oder regelmäßig in Kauf nehmen würde, nicht zu einem Weigerungsrecht führen. Ein Recht, die Einsichtnahme in geschäftliche Unterlagen zu verweigern, lässt sich dem Grundgesetz nämlich insoweit nicht entnehmen; ein uneingeschränktes Recht auf Selbstbegünstigung als Ausfluss der persönlichen Freiheit besteht nicht (vgl. VG München, Urt. v. 21.02.2017 – M 16 K 16.1813 Rn. 26; VGH München, Beschl. v. 26.06.2007 – 22 ZB 07.1372 Rn.2; VG Augsburg, Urt. v. 31.01.2013 – Au 5 K 12.1124 Rn. 33).
Die Anordnung nach § 4 Abs. 1a FPersG verstößt auch nicht gegen Datenschutzrecht (so im Ergebnis zutreffend auch VG München, Urt. v. 21.02.2017 – M 16 K 16.1813) Der Vorgang ist als Erheben von Art. 16 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b BayDSG und als Übermitteln von § 28 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b BDSG gedeckt. Auszugehen ist von BayDSG und BDSG, da keine Spezialnormen ersichtlich sind. In § 4 Abs. 1a FPersG ist der Zweck der Datenerhebung bestimmt (Erfüllung fahrpersonalrechtlicher Pflichten), alles weitere ist jedoch den Regeln der Datenschutzgesetze zu entnehmen.
Die Überlassung von Daten durch eine nicht-öffentliche Stelle an eine öffentliche Stelle stellt zugleich eine Übermittlung der Daten durch die nicht-öffentliche Stelle und eine Erhebung der Daten durch die öffentliche Stelle dar. Rechtsgrundlage für die Erhebung ist Art. 16 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b BayDSG (Erhebung von Daten der Fahrer beim Kläger als einem Dritten). Schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen dabei nicht.
Die Überlassung der Trackingdaten durch die Klägerin an die Gewerbeaufsicht ist als Übermittlung datenschutzrechtlich zulässig nach § 28 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b BDSG, da sie erforderlich ist zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit.
Die Gefahr für die öffentliche Sicherheit in diesem Sinne muss dabei nicht konkret gegenwärtig sein. Es genügt, wenn eine generell-abstrakte Betrachtung für bestimmte Arten von Verhaltensweisen oder Zuständen zu dem Ergebnis führt, dass mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden im Einzelfall einzutreten pflegt. Bei Fahrern, die nur handschriftlich aufzeichnen, entsteht eine Interessenlage, in der Lenk- und Ruhezeiten überschritten werden. Die nötige (niedrige) Gefahrenschwelle ist daher klar überschritten. Die Übermittlung der Daten ist zulässig, da auch keine schutzwürdigen Interessen der Fahrer bestehen, dass die Daten nicht übermittelt werden. Insbesondere ist ein Interesse an einer Unkenntnis eventueller Lenkzeitüberschreitungen durch die Gewerbeaufsicht nicht schutzwürdig, da dieses gesetzwidrige Verhalten gerade durch die Anordnung aufgedeckt werden soll.
C. Kontext der Entscheidung
Die Branche der Paketdienstleister ist dadurch geprägt, dass mehrere Unternehmen im Rahmen einer „Beförderungskette“ (so die Begrifflichkeit von § 20a Abs. 2 Satz 2 FPersV) zusammenwirken, um im Ergebnis die vom Kunden des Paketdienstleisters in Auftrag gegebene Leistung zu erbringen. Im Rahmen dieser Kette hat der jeweilige Auftraggeber dafür Sorge zu tragen, dass das von ihm beauftragte Verkehrsunternehmen unter anderem die Vorschriften über Lenk-und Ruhezeiten im Straßenverkehr (§ 1 FPersV) einhält (§ 20a Abs. 2 Satz 3 FPersV). Entsprechende Kontrollen bei einzelnen beteiligten Unternehmen sind aus der Sicht der Gewerbeaufsicht wenig erfolgsversprechend. Umso effektiver erscheint es ihr, die „Sendungsverfolgungsdaten“ (Trackingdaten) auszuwerten. Diese Daten sind üblicherweise für die gesamte Beförderungskette bei dem Paketdienstleister vorhanden, der am Beginn der Beförderungskette steht. Sie dienen unter anderem dazu, dass der jeweilige Kunde den Weg der für ihn bestimmten Sendung online im Internet nachvollziehen kann.
Die Entscheidung gelangt mit sorgfältiger Begründung zutreffend zu dem Ergebnis, dass die Gewerbeaufsicht als zuständige Kontrollbehörde für die Einhaltung von Lenk-und Ruhezeiten im Straßenverkehr auf diese Daten zugreifen darf. Noch wichtiger erscheint es, dass sie auch eine Filterung der Daten nach bestimmten Kriterien fordern darf, sofern dies für den Paketdienstleister mit vertretbarem Aufwand durchzuführen ist. Damit fügt sich die Entscheidung in eine allmählich länger werdende Kette von ähnlichen Entscheidungen ein. Außer der vom Gericht erwähnten Entscheidung VG München, Urt. v. 21.02.2017 – M 16 K 16.1813 wäre dabei noch die Entscheidung VG Mainz, Urt. v. 08.03.2017 – 3 K 621/16.MZ erwähnenswert.
D. Auswirkungen für die Praxis
In der Entscheidung geht es um Trackingdaten, die sich auf Fahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 2,8 bis zu 3,5 t beziehen. Sie werden im Volksmund oft mit dem ungenauen und nirgends definierten Gattungsbegriff „Sprinter“ belegt. An sich handelt es sich bei dem Begriff „Sprinter“ um eine Bezeichnung für eine bestimmte Kleintransporterserie des Herstellers Mercedes Benz.
„Sprinter“ gleich welcher Hersteller stehen im Ruf, dass jedenfalls ein Teil der Fahrer gerade dann, wenn sie als Subunternehmer für Paketversender tätig sind, damit rücksichtslos fährt und dass dabei auch die Einhaltung von Lenk- und Ruhezeiten wenig gilt. Damit gehe – so eine vielfach zu hörende Meinung – eine überproportionale Beteiligung an schweren Verkehrsunfällen einher. Letzteres lässt sich statistisch nicht sicher belegen (vgl. dazu die jährlich erscheinende detaillierte Darstellung „Verkehrsunfälle. Unfälle von Güterkraftfahrzeugen im Straßenverkehr“, herausgegeben vom Statistischen Bundesamt; aktuellste verfügbare Auflage 2015). Vor diesem Hintergrund liegt es nahe, dass die zuständigen Aufsichtsbehörden versuchen, der Frage der Einhaltung von Lenk- und Ruhezeiten im Detail nachzugehen. Sie liegt nicht nur im Interesse der einzelnen Fahrer, sondern auch der Allgemeinheit, da Verstöße als mögliche Unfallursachen in Betracht kommen.
Dass – so im vorliegenden Fall – ein ersichtlich marktführendes Unternehmen versucht, die Mitwirkung an entsprechenden Auswertungen mit teils fast schon abenteuerlichen Argumenten wie unzureichenden EDV-Ressourcen zu verweigern, wirft ein eigentümliches Licht auf eine hochdigitalisierte Branche, die angesichts der ihr anvertrauten Werte zu Recht sehr um einen einwandfreien Ruf bemüht ist.