26.03.2015 Pressemitteilung Nr. 5/2015
Der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf hat – jedenfalls für den Bezirk des Oberlandesgerichts Düsseldorf – in einem am 24.03.2015 verkündeten Urteil den Fraunhofer – Marktpreisspiegel als vorzugswürdige Schätzungsgrundlage zur Ermittlung der „Normaltarife“ für die Anmietung eines Unfallersatzfahrzeuges bei der Schadensberechnung erklärt. Eine Schadensschätzung aufgrund des Fraunhofer – Marktpreisspiegels sei sowohl einer Schätzung nach der Schwacke-Liste als auch einer Schätzung anhand eines Mittelwerts aus beiden Listen vorzuziehen.
Zur Begründung führt der Senat aus, dass die vom Fraunhofer – Institut durch anonyme Marktabfragen ermittelten Preise dem wirklichen Angebotsspektrum am ehesten entsprächen. Sie beruhten auf einer realen Anmietsituation. Demgegenüber seien – gerade nach Wegfall des Rabattgesetzes – Zweifel angebracht, ob die Tarife der Schwacke – Liste, die im Wesentlichen auf den Preisinformationen der Anbieter beruhten, den wirklichen Markt noch realistisch abbildeten. Die Tarifermittlungen der Schwacke – Liste würden nämlich unberücksichtigt lassen, dass viele Mietwagenanbieter von den veröffentlichten Listenpreisen aus Wettbewerbsgründen nach unten abwichen. Bereits der Umstand, dass die vom Fraunhofer – Institut hingegen durch anonym eingeholte Angebote ermittelten Mietwagenpreise regelmäßig deutlich unter den in der Schwacke – Liste angegebenen Preisen lägen, spreche gegen die Annahme, dass es sich bei den von den Mietwagenunternehmen übermittelten Preislisten um tatsächlich angebotene bzw. realisierte Preise handele.
In dem zugrundeliegenden Rechtsstreit hatte die geschädigte Klägerin weder die Berücksichtigung des Wirtschaftlichkeitsgebots bei der Anmietung eines Ersatzfahrzeuges dargelegt noch Umstände vorgetragen, die es rechtfertigen könnten, ihr auch wirtschaftlich nicht erforderliche Mietwagenkosten zuzuerkennen. Der Senat musste den Schaden daher auf Grundlage der objektive Marktlage gem. § 287 ZPO schätzen.
Ein Rechtsmittel gegen die Entscheidung ist nicht zulässig.
Aktenzeichen: OLG Düsseldorf, I-1 U 42/14
Andreas Vitek
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Hintergrundinformationen:
Die Frage, auf welcher Grundlage Mietwagenkosten im Hinblick auf den Marktpreis zu schätzen sind, ist in Zivilverfahren oft streitig. Grundsätzlich hat der Geschädigte bei der Anmietung eines Unfallersatzfahrzeuges nur An-spruch auf Erstattung der erforderlichen Kosten. Er ist, wenn die Umstände es zulassen, an das Wirtschaftlichkeitsgebot gebunden und muss daher von meh-reren verfügbaren Angeboten das Günstigste auswählen. Wenn er sich aber nicht über die Marktlage informiert hat und keine Gründe anführen kann, die es gerechtfertigt erscheinen lassen, dass er gerade das gewählte Angebot angenommen hat, muss der angemessene Mietpreis geschätzt werden. Ein Teil der Gerichte stützt seine Schätzungen auf die sog. Schwacke – Liste, einen Automietpreisspiegel, der seine Daten über die regional gängigen und aktuellen Preise im Wesentlichen auf die Preisinformationen der Anbieter stützt. Ein anderer Teil der Gerichte greift bei seinen Schätzungen auf den „Marktspiegel Mietwagen Deutschland“ zurück, der vom Fraunhofer – Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation erarbeitet und jährlich veröffentlicht wird. Dieser stützt sich auf repräsentative telefonische Kundenanfragen und internetbasierte Erhebungen. Da sich die Ergebnisse beider Anbieter zum Teil erheblich unterscheiden, sind einige Gerichte inzwischen dazu übergegangen, ihren Schätzungen den Mittelwert aus beiden Erhebungen zugrunde zu legen oder mit Zu- oder Abschlägen bezüglich der Listenwerte zu arbeiten.